Freitag, der 09. Januar 2004 – Einen Einsatzbericht mit vielen Details und Hintergrundinformationen zum Großbrand bei der Fa. Lorenz vom 09.01.2004 aus Sichtweise des Einsatzleiters Frank Hörnschemeyer können Sie hier nachlesen.
Am 09.01.2004 kommt es bei Wartungsarbeiten an einer Maschine in der Mischerei der Firma Lorenz zu einem Feuer. Die Feuerwehren Wallenhorst und Rulle werden um 09:49 Uhr durch die Feuerwehreinsatzleitstelle alarmiert.
Aufgrund der starken Rauchentwicklung, die bereits auf der Anfahrt der ersten Fahrzeuge zur Brandstelle zu erkennen ist, werden vorsorgliche Rundfunkdurchsagen veranlasst und weitere Feuerwehren alarmiert. Das erste Fahrzeug der Feuerwehr Wallenhorst trifft um 09:57 Uhr am Einsatzort ein. Die ersten Einsatzkräfte bekommen sofort notwendige Informationen durch den Inhaber Herrn Lorenz. Da uns das Objekt bekannt ist (es wurden schon mehrfach Begehungen durch die Feuerwehr vorgenommen und es fand auch schon eine Übung statt, Objektpläne und Sicherheitsdatenblätter der verwendeten Stoffe wurden uns von der Fa. Lorenz zur Verfügung gestellt und werden auf dem Fahrzeug mitgeführt), ist gleich klar wo die Schwerpunkte zu setzen sind. Aufgrund der Brandausbreitung und des Gefährdungspotenzials werden in den nächsten Minuten weitere Einsatzkräfte nachalarmiert. Ebenfalls wird der Fachzug „Messen und Spüren“ der Kreisfeuerwehr Osnabrück alarmiert. Die ersten Einsatzkräfte beziehen ihr Wasser aus Hydranten der Umgebung. Da aber sofort klar ist, dass dies nicht ausreichend ist, wird eine Wasserversorgung zum ca. 1.100m entfernten Zweigkanal durch die nachrückenden Kräfte aufgebaut.
Die Einsatzleitung liegt während der gesamten Einsatzdauer in den Händen von Gemeindebrandmeister Ulrich Beimesche und Ortsbrandmeister Frank Hörnschemeyer. Im Einsatzleitwagen des Landkreises Osnabrück (ein Fahrzeug mit Besprechungsraum und Kommunikationszentrale, die alle mögliche Technik, wie Funk, Telefon, Fax, PC, Gefahrstoffdatenbank, Wetterstation … beinhaltet) wird die Einsatzleitung eingerichtet. Von hier wird das gesamte Einsatzgeschehen koordiniert. Hier werden regelmäßig Lagebesprechungen mit allen Beteiligten (Einsatzleiter, Einsatzabschnittsleiter der Feuerwehr, der Polizei, der Firma Lorenz, der Gemeinde Wallenhorst, des Rettungsdienstes und THW) abgehalten. Die Einsatzstelle wird in 6 Einsatzabschnitte eingeteilt. 1. Abschnitt: Brandbekämpfung Westseite (Werksgelände), 2. Abschnitt: Brandbekämpfung Ostseite (Siemensstr.), 3. Abschnitt: Wasserversorgung, 4. Abschnitt: Bereitstellungsraum, 5. Abschnitt: Gefahrstoffmessung , 6. Abschnitt: Entsorgung kontaminiertes Löschwasser. Da sich herausstellt, dass eine effektive Brandbekämpfung nur mit Schaum möglich ist, wird aus dem Umkreis massiv Schaummittel zusammengezogen. Unter anderem kommen auch 6 t Schaummittel vom Flughafen Münster-Osnabrück, nicht aber wie in Wallenhorst erzählt wird, ein „Löschpanzer“ des Flughafens, der das Feuer mal eben ausgeblasen hat (so ein Auto gibt es auch gar nicht!) zum Einsatz. Die Kanalabläufe werden durch die Feuerwehr verschlossen und das kontaminierte Löschwasser wird mit Saugwagen zur Entsorgung abgefahren. Am Samstagvormittag wird diese Maßnahme dann aufgehoben und das Wasser in den Schmutzwasserkanal umgepumpt, da nun feststeht, dass die Kläranlage dieses Wasser problemlos verarbeiten kann.
Am Freitagabend wird das THW zur Hilfe angefordert. Das THW leuchtet die Einsatzstelle aus und hilft mit einem Radlader bei den Nachlöscharbeiten.
Durch den Fachzug „Spüren und Messen“ wird eine Messstrategie in Windrichtung bis nach Lappenstuhl (ca. 10 km) mit 4 Messstationen aufgebaut. Es wird nach vfdb-Richtlinie 10/01 gemessen. Diese Schadstoffmessungen ergeben keine Grenzwertüberschreitungen. Deshalb auch die Aussage der Einsatzleitung, dass keine Gefahr für die Bevölkerung bestanden hat.
Ab Freitagnachmittag werden die Einsatzkräfte reduziert und abgezogen. Die Nachlöscharbeiten gehen über die nächsten 2 Tage weiter. Die Feuerwehren Wallenhorst und Rulle, in der ersten Nacht auch noch die Feuerwehr Belm, richten einen Schichtdienst ein. Alle 8 Stunden werden die Kräfte wieder ausgewechselt. Am Sonntag gegen 11:30 Uhr, nachdem die letzten Glutnester abgelöscht worden sind, nach einer Einsatzzeit von 50 Stunden, wird die Einsatzstelle verlassen.
Wie kommt es, dass es am Sonntagabend erneut auf dem Firmengelände brennt?
Am Sonntag gegen 18:50 Uhr werden die Feuerwehren Wallenhorst, Rulle und Belm erneut zu einem Feuer auf das Firmengelände der Firma Lorenz gerufen. Ein Silo, der als Aktivkohlefilter genutzt wurde, steht in Flammen.
Wie konnte das passieren?
Die Silos wurden bis Sonntagmittag kontinuierlich mit einer Wärmebildkamera überwacht. Alle Messungen waren unbedenklich, so dass wir von keiner Gefahr ausgehen konnten. Irgendwo in diesem Silo gab es aber vermutlich noch ein kleines Glutnest, das mit der Wärmebildkamera nicht zu erkennen war. Durch den starken Wind am Sonntagnachmittag wurde ein Luftkanal am Silo abgerissen. Hierdurch ist vermutlich Sauerstoff an das Glutnest gelangt und dadurch ist das Feuer entstanden. Leider konnte der Bereich des Silos die ganze Zeit nicht betreten werden, da akute Einsturzgefahr bestand, deshalb auch der Einsatz der Wärmebildkamera. Das Silo wurde über 2 Drehleitern mit Schaum geflutet und anschließend in mühevoller Arbeit von oben entleert. Auch diese Löscharbeiten zogen sich für einige Feuerwehrleute bis Montagmorgen 07:00 Uhr hin.
Die Aufräum- und Reinigungsarbeiten an den Fahrzeugen und Geräten zogen sich noch über den gesamten Montag und Dienstag hin. Einige Gerätschaften konnten wieder instandgesetzt werden, andere müssen nun kurzfristig neu beschafft werden.
Am Dienstagabend fand für alle Feuerwehrkameraden der Feuerwehren Wallenhorst und Rulle sowie aller Führungskräfte der anderen eingesetzten Einheiten eine Einsatznachbesprechung im Rathaus Wallenhorst statt. Fazit: Der Einsatz ist gut abgewickelt worden, das Zusammenspiel zwischen den Einheiten der Feuerwehren aus Stadt- und Landkreis Osnabrück und anderen Hilfsorganisationen hat hervorragend funktioniert. Es ist gelungen das Bürogebäude, den Werkstattbereich, das gesamte Tanklager sowie Prozesstanklager zu retten. Einige Chemikalien konnten noch zu Anfang des Einsatzes aus der brennenden Halle unter akuter Lebensgefahr der eingesetzten Feuerwehrleute entfernt werden.
An dieser Stelle möchte sich die Feuerwehr bei der Firma Bünting für das völlig unkomplizierte zur Verfügung stellen des Betriebshofes, der Kantine und der Verpflegung mit Kaffee und Würstchen über die gesamte Einsatzzeit bedanken. Auch möchten wir uns bei Familie Vocke und anderen Anliegern bedanken, die die Einsatzkräfte im Bereich der Siemensstrasse völlig uneigennützig während des gesamten Freitags mit heißem Kaffee und Bratwürstchen versorgt haben. Dass Nachbarn für uns einen Grill aufbauen und Würstchen einkaufen während eines Einsatzes haben wir auch noch nicht erlebt. Dies zeigt uns aber, dass noch einigen bewusst ist, wie wichtig die Freiwillige Feuerwehr und ehrenamtliches Arrangement in der Gemeinde Wallenhorst sind, da viele Mitbürger ja gar nicht mehr wissen, was überhaupt eine Freiwillige Feuerwehr ist.
Zusammenfassend möchte ich sagen, dass wir bei aller Umsicht, die wir haben walten lassen, ganz einfach auch großes Glück gehabt haben, angefangen von der Windrichtung über die Explosion von Gasflaschen (eine Flasche schlug auf dem Hof der Firma Vocke nur ca. 2 m neben einem Polizisten und einem Kameramann ein). Dass es bei mehr als 400 eingesetzten Hilfskräften nicht einen Verletzten gegeben hat, grenzt schon fast an ein Wunder. Für die Einsatzkräfte ist der Einsatz abgeschlossen, die Führungskräfte der Feuerwehr werden noch wochenlang mit den Folgen dieses Einsatzes beschäftigt sein.